2023

Bayerisch-Sächsischer Digitalgipfel der öffentlichen Verwaltung in Hof

 

Bringt die Registermodernisierung den Durchbruch bei der Digitalisierung der Verwaltung?
Der Bayerisch-Sächsische Digitalgipfel an der Hochschule Hof am 27./28.6. befasste sich mit Datenstrukturen und Prozesse als Kern der Verwaltung der Zukunft

2017 trat das Onlinezugangsgesetz in Kraft, 2021 das Registermodernisierungsgesetz. Beide Gesetze sollten die Grundpfeiler der Digitalisierung der Verwaltung sein. Auch wenn viele Lobeshymnen auf das Onlinezugangsgesetz angestimmt werden, muss man es in seiner ursprünglichen Form als gescheitert ansehen. Zwar können Bürgerinnen und Bürger inzwischen eine Reihe von Anträgen online stellen, die daran anschließende Weiterbearbeitung erfordert aber in den meisten Fällen eine zum Teil händische Übernahme der Daten in die sogenannten Fachverfahren. Zudem wurde die Chance verpasst, die Prozesse zunächst grundlegend zu vereinfachen. Das liegt unter anderem daran, dass der Gesetzgeber die falsche Reihenfolge gewählt hat. Eine Digitalisierung von Prozessen kann nur dann Erfolg haben, wenn die Datenstrukturen und die Datenqualität passen. Gegenwärtig liegen hinter hunderten von Fachfahren eigenständige Datenbanken. Betrachtet man deren Inhalte stellt man fest, dass es immense Redundanzen gibt. Es finden sich also in den unterschiedlichsten Datenbanken immer die gleichen Daten. Damit ist die Gefahr groß, dass die Daten voneinander abweichen und damit fehlerhaft sind, was in der Folge zu Problemen in den Prozessen führt und eine Auswertung der Daten erschwert oder unmöglich macht. Erfolgt beispielsweise eine Ummeldung im Bürgeramt und findet kein Datenabgleich mit den anderen Datenbanken (Registern) statt, gelangen Bescheide z.B. zur Einschulung eines Kindes oder zur Zahlung der Grundsteuer an die falsche Adresse mit allen sich daran anschließenden Fehlerkosten – Rücksendung, Recherchieren der Adresse, Korrektur der Adresse in der Datenbank, erneute Ausstellung des Bescheids, erneuter Versand. Klassisch vermeidet man das durch Schnittstellen. Aber erstens gibt es solche nur zwischen einigen Datenbanken, zweitens besteht die Gefahr, dass bei Softwareupdates vorhandene Schnittstellen nicht mehr funktionieren. Diese in der Verwaltung als Register bezeichnete Datenbanken sollen laut Gesetz in den kommenden beiden Jahren modernisiert werden, so dass bestimmte Daten digital von überall in Deutschland und sogar von manchen EU-Staaten aus abgerufen werden. In ihrem Vortrag haben Frau Dr. Brigitte Klamroth, federführend bei der Registermodernisierung in der Hamburger Senatsverwaltung, Jasmin Deling, im nordrheinwestfälischen Wirtschaftsministerium verantwortlich für die Digitalisierung der Wirtschaft und Michael Lipaczewski Referatsleiter für die Registermodernisierung beim Bundesverwaltungsamt dargestellt, wie künftig die Anbindung von zunächst zehn Registern erfolgen und ein einheitlicher europaweiter Standard entstehen soll. Allerdings ist im ersten Schritt mit der Modernisierung keine Konsolidierung verbunden, die Datenstrukturen bleiben unverändert. Prof. Thomas Popp, CIO des Freistaats Sachsen und als Staatssekretär in der sächsischen Staatskanzlei unter anderem verantwortlich für die Digitalisierung hält aber eine Registerkonsolidierung durchaus für geboten verbunden mit der Einführung einer bundes- oder europaweitern BürgerID. Wenn beispielsweise Geburten-, Melde- und Passregister mit ihrem hohen Anteil an redundanten Daten weiter nebeneinander bestehen bleiben, bringt auch das Registermodernisierungsgesetz keine wirkliche Verbesserung. Thomas Meuche, Professor an der Hochschule Hof und Leiter des Kompetenzzentrums Digitale Verwaltung und die wissenschaftlichen Mitarbeiter Dr. Ali Fallah Tehrani und André Henning konnten anhand des digitalen Zwillings einer Bürgercloud veranschaulichen, welches Potenzial in einer solchen Zentralisierung der Datenhaltung steckt. Ohne eine solche wird uns der große Schritt in der Modernisierung und Digitalisierung der Verwaltung nicht gelingen, so Meuche. Bereits am Vortag konnte Heike Markus, Professor für Digitale Verwaltung und ebenfalls in der Leitung des Kompetenzzentrums aufzeigen, wie man mit geringem Aufwand Daten schnell analysieren und die Ergebnisse visualisieren kann, wenn die Datenbasis stimmt. Alexander Schneider, Leiter Onlineservices der Stadt Nürnberg, einer der führenden Städte in Deutschland bei der Digitalisierung zeigte, wie große Städte mit dem Thema Datenkonsolidierung umgehen. Der Einsatz entsprechender Technologie, so räumte Schneider ein, verursacht aber auch immense Kosten, die von kleineren Gebietskörperschaften kaum zu tragen sind - seine Schlussfolgerung, mehr Standardisierung. Sowohl Prof. Popp wie auch Frank Lichnok, Digitallotse des sächsischen Städte- und Gemeindetags erläuterten, wie es dem Freistaat trotz Verwaltungsautonomie der Gebietskörperschaften gelingt zu einem standardisierten Vorgehen und zur Vereinheitlichung der Systeme zu kommen. Auch der Freistaat Bayern bemüht sich um mehr Standards. Paul Manthey vom bayerischen Digitalministerium stellte eine OZG-Cloud vor, die die Brücke zwischen den online eingehenden Formularen und den Fachverfahren schlägt. In der gesamten Diskussion wurde klar, dass der von der öffentlichen Verwaltung lange verteufelten Cloudtechnologie die Zukunft gehört. Dass aus deren Einsatz eine Reihe von Herausforderungen für die Informationssicherheit resultieren, erläuterte Michael Diener, Informationssicherheitsbeauftragter der Stadt Regensburg. Außer den Datensicherheitsaspekten muss bei Abschluss von Verträgen mit Clouddienstleistern auf jeden Fall geregelt werden, wie ein späterer Ausstieg erfolgen kann, so Diener.

Gesetzt den Fall der Gesetzgeber würde die richtigen Weichen stellen und die Technologie würde zentral zur Verfügung gestellt, bräuchte es immer noch die Mitarbeitenden in den Verwaltungen, die die Veränderungen umsetzen. Neben dem „Vereinfachen, Standardisierung, Digitalisierung“ bedarf es einer „fachlichen und kulturellen Transformation“ berichtete Dr. Katrin Leonhardt, Vorstandsvorsitzende der Sächsischen Aufbaubank über ihre Erfahrungen der letzten Jahre beim Umbau der Bank. Technologie kann über die Bereitstellung von Finanzmitteln beschafft werden, alles andere ist mühsame Führungsarbeit. Der Digitalgipfel zeigte auf wohin der Weg führen muss, verdeutlichte aber auch, dass die bisher existierenden Regelungen keineswegs ausreichen, um den Stand der vielzitierten baltischen oder skandinavischen Staaten bei der Digitalisierung und Serviceorientierung der Verwaltung zu erreichen. Zudem ist vielen Verwaltungen noch gar nicht bewusst, was mit der Registermodernisierung in den kommenden Jahren auf sie zukommt. Denn die Arbeit ist vor Ort zu erledigen. Der Wandel beginnt im Kopf deshalb bietet das Kompetenzzentrum Digitale Verwaltung der Hochschule Hof berufsbegleitende Seminare und Studiengänge zur Digitalisierung der Verwaltung an und nutzt dabei die Erfahrungen aus den Projekten mit Behörden. Die Qualifizierung der Mitarbeitenden und mehr Diversität in der Qualifikation der Beschäftigten der öffentlichen Verwaltung ist dringend geboten.

Bayerisch - Sächsischer Digitalgipfel

 

Datenstrukturen und Prozesse sind der Kern der Verwaltung der Zukunft.

Wir laden Sie ein, zu einem Tag ganz im Zeichen der Digitalen Verwaltung. Erleben Sie herausragende ReferentInnen und spannende Vorträge, z.B. über die Umsetzungsmöglichkeiten des Registermodernisierungsgesetzes, Datenstrukturen, Digitale Transformation, Weiterbildung uvm.

zum ausführlichen Programm und weiteren Informationen

 

 

 

 

Besuch Ministerin Judith Gerlach

(von links) Prof. Dr. Jürgen Lehmann, Staatsministerin Judith Gerlach, Prof. Dr. Thomas Meuche und Prof. Dr. Heike Markus

 

Besuch von der bayerischen Staatsministerin für Digitales Judith Gerlach

Die Staatsministerin für Digitales in Bayern Judith Gerlach besuchte das KDV für die Präsentation erster Ergebnisse des Projektes "Digitaler Zwilling" und einen Gedankenaustausch mit der Leitung des Zentrums Prof. Dr. Thomas Meuche und Prof. Dr. Heike Markus sowie Studenten des Studiengangs Digitale Verwaltung.

weitere Informationen

 

 

 

x